Ein Pfeifkonzert geht auch an einem Maskottchen nicht 11FREUNDE

November 2024 · 4 minute read

Herr … ähm … Albärt? Bär­nardo? Bärn­hear…
… lassen Sie gut sein. Ich möchte an diesem Punkt ohnehin keine Wer­bung für oder gegen einen Vor­schlag machen. Namen sind ohnehin nur Schall und Rauch. Lassen Sie uns zur Sache kommen.

Dan­ke­schön. Ges­tern Mittag wurden Sie als EM-Mas­kott­chen vor­ge­stellt, heute steckt die Deut­sche Natio­nal­mann­schaft knie­tief in der Krise. Hätten Sie sich Ihren Start nicht anders vor­ge­stellt?
Da muss ich gleich einmal etwas klar­stellen: Ich bin das EM-Mas­kott­chen, mit der Natio­nalelf habe ich nur ent­fernt zutun. Hier leistet Paule, mein Kol­lege, seit Jahren über­zeu­gende Arbeit. Fan­club Natio­nal­mann­schaft, Test­spiele gegen Peru – er geht dahin, wo es wehtut. Da will ich gerne zum Applaus ani­mieren.

Trotzdem kann Sie diese Nie­der­lage zum Auf­takt ins EM-Jahr doch nicht kalt gelassen haben.
Ganz und gar nicht. Ich muss schon sagen, wenn man in der 89. Minute zur Laola-Welle ansetzt und ein Pfeif­kon­zert erntet, geht das auch an einem plü­schigen Mas­kott­chen nicht spurlos vorbei. Mög­li­cher­weise habe ich mich auch von den Ver­spre­chungen im Vor­feld blenden lassen: Ein biss­chen Hän­de­schüt­teln, ein wenig Winken, neben Philipp Lahm stehen. Ich gebe zu, ich habe mir diese Auf­gabe kleiner vor­ge­stellt.

Das Gesicht dieser EM zu werden, das dürfte Sie doch gereizt haben?
Keine Frage. Als junges Mas­kott­chen träumt man davon, irgend­wann auf der großen Bühne zu stehen. Footix, das WM-Mas­kott­chen 1998, war ein Idol meiner Kind­heit. Als vier Jahre später Ato, Kaz und Nik – diese drei ani­mierten Gestalten – den Zuschlag erhielten, dachte ich schon, dass die Zeit meines Äußeren abge­laufen sei. Und klar, der Anblick von Goleo ließ mich jah­re­lang zwei­feln: Würde ich ohne Hose quer durch Deutsch­land laufen, nur weil die Bezah­lung stimmt?!

Ges­tern Abend waren Sie zum ersten Mal ganz nah dran an der Mann­schaft. Wie war Ihr Ein­druck?
Das war schon kurios … haben Sie Zeit für eine Anek­dote?

Immer.
Der Tag war ja wirk­lich auf­re­gend: Auf­tritt in einer Gel­sen­kir­chener Schule, Foto­ter­mine mit Philipp Lahm und Celia Sasic, zwi­schen­durch hat dieser Plet­ten­berg mich immer wieder gefragt, ob Füll­krug zu den Bayern wech­selt. Kurzum: Ich musste höl­lisch auf­passen, nichts Fal­sches zu sagen, nie­mandem auf die Füße zu treten. Im wört­li­chen Sinne. Als ich dann in die Kabine gekommen bin und mich vor­ge­stellt habe, ist es dann aber doch pas­siert …

Wie bitte?
Ich bin der Neue hier“, hab ich gesagt und gewunken. Als kurz nach mir Hansi Flick durch die Tür trat, war für einige Jungs die Ver­wir­rung kom­plett. Sie müssen ver­stehen: Die waren sich ja gerade erst in die Arme gefallen, einige trock­neten noch ihre Freu­den­tränen.

Würden Sie also sagen, die Natio­nal­mann­schaft habe gegen den Trainer gespielt?!
Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht beant­worten. Aber eins steht fest: Rudi Völler war nach Abpfiff bedient, hat die ganze Zeit davon gespro­chen, man müsse doch erwarten können, dass die Spieler die Pille treffen.

Berech­tigte Kritik?
Nie­mand weiß, wo das Kerl­chen nach 2006 abge­blieben ist.

Konnten Sie in diesem Augen­blick Auf­bau­ar­beit leisten?
Mir ist schnell klar­ge­worden, dass ich in dieser Hin­sicht noch lernen muss. Sie müssen ver­stehen: Kin­der­ge­burts­tage, Tage der offenen Tür – das war bisher mein Metier. Als ich auf Völler zuge­gangen bin und ihn trösten wollte, meinte er nur abwie­gelnd: Da steckst du nicht drin.“

Ein Fron­tal­an­griff?
Davon gehe ich aus. Auch der Bun­des­trainer hat mich zurecht­ge­wiesen, ich solle gefäl­ligst ein anderes Gesicht auf­ziehen. Wenn der wüsste …

… gab es Unter­stüt­zung?
Aktuell bin ich im Ver­band auf mich allein gestellt. Philipp Lahm wollte den Job ja auch.

Noch zwölf Monate bis zur Euro­pa­meis­ter­schaft, die Natio­nalelf befindet sich in der Krise, Flick und Völler bangen um ihre Jobs. Können Sie sich über­haupt noch auf das Tur­nier freuen?
Lächeln und Winken – ich ver­stehe das seit jeher als Hand­werk. Und sowieso: Ich bin eben das Mas­kott­chen der EM, nicht der Natio­nalelf, an gute Stim­mung in den Sta­dien glaube ich nach wie vor. Zumin­dest wenn das Orga­ni­sa­ti­ons­ko­mitee meinem Stark­bier-Vor­schlag bei den Eng­land-Spielen folgt. Wissen Sie: Ich werde die Zeit genießen, es ist der Höhe­punkt meiner Kar­riere. Und wenn ich in zehn Jahren bei der Lan­des­gar­ten­schau im ver­reg­neten Bad Oeyn­hausen stehe, dann werde ich mich an ein Fuß­ball­fest erin­nern wollen – und nicht an die deut­sche Drei­er­kette.

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