
Herr … ähm … Albärt? Bärnardo? Bärnhear…
… lassen Sie gut sein. Ich möchte an diesem Punkt ohnehin keine Werbung für oder gegen einen Vorschlag machen. Namen sind ohnehin nur Schall und Rauch. Lassen Sie uns zur Sache kommen.
Dankeschön. Gestern Mittag wurden Sie als EM-Maskottchen vorgestellt, heute steckt die Deutsche Nationalmannschaft knietief in der Krise. Hätten Sie sich Ihren Start nicht anders vorgestellt?
Da muss ich gleich einmal etwas klarstellen: Ich bin das EM-Maskottchen, mit der Nationalelf habe ich nur entfernt zutun. Hier leistet Paule, mein Kollege, seit Jahren überzeugende Arbeit. Fanclub Nationalmannschaft, Testspiele gegen Peru – er geht dahin, wo es wehtut. Da will ich gerne zum Applaus animieren.
Trotzdem kann Sie diese Niederlage zum Auftakt ins EM-Jahr doch nicht kalt gelassen haben.
Ganz und gar nicht. Ich muss schon sagen, wenn man in der 89. Minute zur Laola-Welle ansetzt und ein Pfeifkonzert erntet, geht das auch an einem plüschigen Maskottchen nicht spurlos vorbei. Möglicherweise habe ich mich auch von den Versprechungen im Vorfeld blenden lassen: Ein bisschen Händeschütteln, ein wenig Winken, neben Philipp Lahm stehen. Ich gebe zu, ich habe mir diese Aufgabe kleiner vorgestellt.
Das Gesicht dieser EM zu werden, das dürfte Sie doch gereizt haben?
Keine Frage. Als junges Maskottchen träumt man davon, irgendwann auf der großen Bühne zu stehen. Footix, das WM-Maskottchen 1998, war ein Idol meiner Kindheit. Als vier Jahre später Ato, Kaz und Nik – diese drei animierten Gestalten – den Zuschlag erhielten, dachte ich schon, dass die Zeit meines Äußeren abgelaufen sei. Und klar, der Anblick von Goleo ließ mich jahrelang zweifeln: Würde ich ohne Hose quer durch Deutschland laufen, nur weil die Bezahlung stimmt?!
Gestern Abend waren Sie zum ersten Mal ganz nah dran an der Mannschaft. Wie war Ihr Eindruck?
Das war schon kurios … haben Sie Zeit für eine Anekdote?
Immer.
Der Tag war ja wirklich aufregend: Auftritt in einer Gelsenkirchener Schule, Fototermine mit Philipp Lahm und Celia Sasic, zwischendurch hat dieser Plettenberg mich immer wieder gefragt, ob Füllkrug zu den Bayern wechselt. Kurzum: Ich musste höllisch aufpassen, nichts Falsches zu sagen, niemandem auf die Füße zu treten. Im wörtlichen Sinne. Als ich dann in die Kabine gekommen bin und mich vorgestellt habe, ist es dann aber doch passiert …
Wie bitte?
„Ich bin der Neue hier“, hab ich gesagt und gewunken. Als kurz nach mir Hansi Flick durch die Tür trat, war für einige Jungs die Verwirrung komplett. Sie müssen verstehen: Die waren sich ja gerade erst in die Arme gefallen, einige trockneten noch ihre Freudentränen.
Würden Sie also sagen, die Nationalmannschaft habe gegen den Trainer gespielt?!
Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht beantworten. Aber eins steht fest: Rudi Völler war nach Abpfiff bedient, hat die ganze Zeit davon gesprochen, man müsse doch erwarten können, dass die Spieler die Pille treffen.
Berechtigte Kritik?
Niemand weiß, wo das Kerlchen nach 2006 abgeblieben ist.
Konnten Sie in diesem Augenblick Aufbauarbeit leisten?
Mir ist schnell klargeworden, dass ich in dieser Hinsicht noch lernen muss. Sie müssen verstehen: Kindergeburtstage, Tage der offenen Tür – das war bisher mein Metier. Als ich auf Völler zugegangen bin und ihn trösten wollte, meinte er nur abwiegelnd: „Da steckst du nicht drin.“
Ein Frontalangriff?
Davon gehe ich aus. Auch der Bundestrainer hat mich zurechtgewiesen, ich solle gefälligst ein anderes Gesicht aufziehen. Wenn der wüsste …
… gab es Unterstützung?
Aktuell bin ich im Verband auf mich allein gestellt. Philipp Lahm wollte den Job ja auch.
Noch zwölf Monate bis zur Europameisterschaft, die Nationalelf befindet sich in der Krise, Flick und Völler bangen um ihre Jobs. Können Sie sich überhaupt noch auf das Turnier freuen?
Lächeln und Winken – ich verstehe das seit jeher als Handwerk. Und sowieso: Ich bin eben das Maskottchen der EM, nicht der Nationalelf, an gute Stimmung in den Stadien glaube ich nach wie vor. Zumindest wenn das Organisationskomitee meinem Starkbier-Vorschlag bei den England-Spielen folgt. Wissen Sie: Ich werde die Zeit genießen, es ist der Höhepunkt meiner Karriere. Und wenn ich in zehn Jahren bei der Landesgartenschau im verregneten Bad Oeynhausen stehe, dann werde ich mich an ein Fußballfest erinnern wollen – und nicht an die deutsche Dreierkette.
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